Vor etwa 11.000 Jahren waren erste Menschen nachweislich im Oderbruch zu finden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Oderbruch vor 5.500 Jahren ständig besiedelt war. Dies belegen Funde aus der Bronze- und Eisenzeit.Die Germanen besiedelten das Oderbruch vor zirka einem Jahrhundert vor Christus bis zur Abwanderung im vierten Jahrhundert nach Christus. Zu dieser Zeit wanderten aus dem Osten Slawen ein und besiedelten das Land bis etwa ins 12./13. Jahrhundert. Danach wurde das Oderbruch durch die Germanen erneut in Beschlag genommen, obgleich die Fischer der Region immer noch Slawen waren. Die Vermischung der einzelnen Bevölkerungsgruppen blieb allerdings nicht aus und somit wurden die Slawen assimiliert.
1247 wurde Wriezen und 1271 wurde das Kloster Altfriedland das erste Mal urkundlich erwähnt (siehe auch Ortsbeschreibungen). Die Menschen die im Oderbruch siedelten ernährten sich vorwiegend durch ihren Fischreichtum, von dem schon Heinrich Berghaus um 1856 berichtete:
„Der ehemalige Reichthum dieser Bruchgegend an Wasser- und Sumpfthieren übersteigt fast allen Glauben; ja man könnte ihn leicht bezweifeln, wenn nicht glaubwürdige Gewährsmänner und urkundliche Beläge dafür sprächen.“
Auch Ackerbau und Viehzucht wurde im Oderbruch zur damaligen Zeit betrieben.
„… und mancher Fischknecht kaufte um Johanni, wenn das Wasser sich verlaufen hatte, 10 bis 20 Ochsen und trieb sie als Mastvieh gegen Weihnachten nach Berlin.“
Heinrich Berghaus
Nur in Abhängigkeit vom Wasser und den Naturgewalten konnten die wenigen Menschen im Oderbruch leben. 11 Dörfer mit 197 Fischerfamilien lebten vor der Trockenlegung im nördlichen Teil des Oderbruchs, sprich dem Niederoderbruch. Das obere Oderbruch zählte im 12. Jahrhundert gerade Mal 8 Dörfer in denen vorwiegend slawischer Fischer lebten. Nur selten fand man hier auch altdeutsche Bauernfamilien.
Eduard Zache schrieb 1905 über das Oderbruch:
„Das alte Oderbruch war eine Wildnis, umhüllt von Nacht und Nebel, ein Schlupfwinkel für böse Menschen und wilde Tiere. Ängstlich wurde dieses Nebelheim von den benachbarten Höhenbewohnern gemieden. Und wenn in dunkler Winternacht der Sturmwind über die Horste raste, wenn das Heulen des tückischen Wolfes sich in des Windes Brausen mischte, ein angstvolles Bellen der Dorfhunde auslöste, wenn vom alten Eichenbaume der klagende Ruf der Eule tönte: dann schmiegte sich das bebende Kind des Randdörfers schutzsuchend an seine Mutter, und beide dachten schauernd an den Hexenkessel dort unten und an den wilden Jäger, der mit kläffender Meute dahinstürmt.“
Legende oder Wahrheit? Eines ist gewiss. Das Oderbruch war ein nur schwer zugängliches Gebiet, bestehend aus Sümpfen die oft im Nebel lagen. Ich überlasse es Ihrer Fantasie die Frage zu beantworten. Ich sitze jedenfalls oft in kalten Winternächten am Kamin und schaue durch das Wohnzimmerfenster zu, wie sich die unaufhaltsame Nebelwand über unsere Wiesen bis hin zum Hofeingang des Hauses ausbreitet. In wohliger Wärme und im knistern des abbrennenden Holzes im Kamin erzählen sich die Legenden und Geschichten aus vergangener Zeit wie von allein.
Durch die Trockenlegung des Bruchs änderte sich das. 1761 wurden 33 Dörfer mit Einwanderern aus der Pfalz, aus Württemberg, Mecklenburg, Sachsen, aus Niederösterreich und der französisch sprechenden Westschweiz neu gegründet. Ca. 1.300 neue Kolonisten kamen in den Bruch. Für die Aufgabe abgestammten Wohnsitzes erhielten die neuen Kolonisten freie Religionsausübung, Freiheit von der Leibeigenschaft und die Befreiung vom Militärdienst für sich selbst, ihre Kinder und Kindeskinder garantiert.
Bis in die heutige Zeit haben sich die Ortsnamen im Oderbruch, die auf die Zeit der Trockenlegung des Bruchs zurück gehen, erhalten. Viele der damals vergebenen Ort(Dorf)namen orientierten sich zum Teil an bereits vorhandenen Ortschaften der umliegenden Gegend. Diese wurden nur in der Vorsilbe ALT- und NEU- unterschieden. Die neumärkische Oderseite hieß Küstrinchen, Rüdnitz, Lietzegöricke und bekamen nun die Vorsilbe ALT-, also Altküstrinchen, Altrüdnitz, Altlietzegöricke. Diesseits der neuen Oder bekamen die neuen Orte die Namen Neuküstrinchen, Neurüdnitz. Hierzu gesellten sich noch Dörfer wie Alt- und Neuranft, Neukietz, Neumädewitz usw.
Einige Ortsnamen entstanden auf Grund der schon beschriebenen Lo(o)se. Auf neumärkischer Oderseite hießen diese Zäckerick (heute Siekierki) und Güstebiese (heute Czelin), die dann diesseits Zäckericker Loose, Güstebieser Loose oder Zelliner Loose genannt wurden.
Auch Dörfer mit exotisch anmutenden Namen wie Croustillier und Vevais sind in jener Zeit entstanden. Obgleich diese Namen auf fernere Länder zurückzuführen sind. Croustillier stammt dem französischen ab und bedeutet so viel wie „Eckchen“, ein Gutsvorwerk von Altranft, dessen Besitzer von Marschall war. Der Koloniegründer Graf Kanecke leitete den Namen Vevais von dem schweizerischen Ortsnamen Vevey ab.
Viele noch heute hier lebende Familien kamen kurz vor Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg aus Polen hier her, weil sie flüchtend vor der Roten Armee ihre Höfe und Gutshöfe mit nur wenig Hab und Gut zu Fuß oder wer noch hatte, mit dem Pferdewagen verlassen mussten. Teilweise blieben sie hier im Oderbruch um möglichst nahe der Grenze eine neue Heimat zu finden, die nicht fernab ihrer alten Heimat lag. Das Oderbruch war seinerzeit ein hart umkämpftes Gebiet das schwer leiden musste. Wriezen wurde zur Festung erklärt und fast völlig Zerstört. Die Schlacht in den Seelower Höhen kennt man noch aus der Geschichte. Gerade die Überquerung der Oder war strategisch und vor allem psychologisch für den Vormarsch auf Berlin wichtig, ohne Rücksicht auf Verluste an Mensch und Material.
Etwa 19.000 Menschen leben heute im Oderbruch. Einer der größten Erwerbszweige der Menschen im Bruch ist die Landwirtschaft und teilweise die Tierhaltung. Der Tourismus wächst nur sehr langsam, was eigentlich Schade ist, weil das Oderbruch nicht nur landschaftlich sehr viel zu bieten hat. Mittlerweile haben sich auch sehr viele Künstler in der Region niedergelassen.