Ulrich Frischmuth
Auch heute noch haben sich viele Häuser in Alt Lietzegöricke (Stare Lysogórki) den Charme vergangener Zeiten bewahrt.
Vom Großbrand in Alt Lietzegöricke im Jahre 1822 berichtet Brunkes Fritze im Jahre 1936, der war ein dorfbekannter Junggeselle in diesem Dorf jenseits der Oder. Seine Erzählungen begannen immer mit den Worten: “Mien Jroßvadder hett secht …” und so wusste er auch von dem großen Brand im Jahre 1822 zu berichten. Danach hatte sich folgendes ereignet:
Das Haus, in dem der Brand entstanden war, lag dicht am nördlichen Eingang des Dorfes, also am Zäckericker Ende. Unmittelbar neben dem Haus stand im Freien ein gemauerter Großraumbackofen, von dessen Sorte es im Dorfe mehrere gegeben hatte.
Eine junge Frau war beim Brotbacken und nach dem Anheizen fegte sie den Ofen mit einem Strohwisch aus, der an einer Stange befestigt war. Nach dem Ausfegen stellte sie ihren Feger gegen das Haus, das ein niedriges Strohdach hatte. Während sie nun das Brot in den heißen Ofen schob, fing das Strohdach Feuer und im Nu stand das Haus in Flammen. Es war ein äußerst heißer Sommer und die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel herab. Wochenlang hatte es schon nicht mehr geregnet und alle Leute des Dorfes waren in der “Aust”: es wurde das Getreide gemäht, die Garben wurden gebunden und die Mandeln wurden aufgesetzt. Dazu wehte ein frischer Wind aus der nördlicher Richtung, also von Zäckerick her. Der wurde den Alt – Lietzegörickern nun zum Verhängnis: in rasender Geschwindigkeit übertrugen sich die Flammen von Haus zu Haus und in kürzester Zeit stand das ganze Dorf in Flammen. Die vom Felde herbei eilenden Männer konnten sich nicht einmal ihrer Feuerspritze bedienen, denn die hatten sie gerade an die Güstebieser ausgeliehen. Als man sie schnell herbeigeholt hatte, war sie nicht betriebsklar, es gab keine Rettung mehr, nur einige abseits stehende Häuser blieben von den Flammen verschont. Das Vieh, soweit es nicht auf der Weide gewesen war, konnte noch gerade aus den Ställen geholt werden, die Zäckericker und Güstebieser nahmen es in Pension. Auch nur teilweise konnten die Bewohner ihre geringe Habe noch in Sicherheit bringen, es war so gut wie nichts zu retten. Am nächsten Morgen ragten nur noch die schwarz verrußten Schornsteine der “Schwarzen Küchen” in den Himmel. Die “Schwarzen Küchen” wurden später nicht mehr aufgebaut und mit dem Schutt der Häuser schüttete man einen Berg auf, auf dem später die Kirche aufgebaut wurde.
Auf dem Gedenkstein links erinnern die ehemaligen Einwohner an ihre frühere Heimat Alt Lietzegöricke, rechts wird an die Überquerung der Oder durch polnische Soldaten in der Zeit vom 14. bis zum 20. April 1945 erinnert.)
(Bild 4 Die Reproduktion einer historischen Karte zeigt die Lage von Alt Lietzegöricke und der im Beitrag erwähnten Nachbarorte. Repro: U.)
Nach einem einheitlichen Plan wurde das Dorf nach 1824 völlig neu aufgebaut. Die alten Straßen wurden begradigt, neue Wege wurden angelegt, die 25 kleinen Fischerhäuser und vier Bauernhöfe wurden nach einem großzügigen Bauplan wieder neu errichtet. Dabei kamen die Fischergehöfte nicht immer auf ihre ursprünglichen Plätze, sie wurden aber alle zusammen an der Fischerstraße erbaut. Die Freileute und Büdner errichteten ihre Häuser auf dem höher gelegenen Gelände an neuen Wegen. Als besonderen Schmuck an den neuen Häusern baute man besonders schöne Haustüren ein, auf die die Einwohner sehr stolz waren.
(Bild 5 Bei dem idyllischen Fachwerkhaus scheint die Zeit stehengeblieben zu sein: Allerdings ist der Fußweg kürzlich erneuert worden. Foto: Ulrich)
(Bild 6 Die Dorfstraße von Alt Lietzegöricke (Stare Lysogórki ) mit Blick in Richtung Güstebiese (Gozdowice). Foto: Ulrich Seide)
Die junge Frau, durch deren Unachtsamkeit das Unheil verursacht worden war, ist übrigens ihres Lebens nicht mehr froh geworden, denn sie machte sich natürlich wegen ihrer Leichtfertigkeit die größten Vorwürfe. Als Jahre später eine große Auswanderungswelle einsetzte, war sie eine der ersten, die sich entschloß, nach Amerika zu gehen.
Es heißt aber, dass sie auch dort nicht glücklich geworden ist.
Literatur: “Königsberger Kreiskalender”, 1954, S. 153 – 157,
(Alexander Konstantin: Der Dorfbrand 1822 von Alt – Lietzegöricke.)
Quelle:
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