Die Wassermühlen waren schon in der Antike erfunden und vor unserer Zeitrechnung in Kleinasien, Griechenland und Rom betrieben worden. Urkundliche Nachrichten von Wassermühlen aus der Mark Brandenburg stammen aus dem 12. Jahrhundert. Die ersten Mühlen werden 1144 in den Dörfern bei Jerichow (Elbe-Havel-Land), 1173 in Klink (Havelland) und 1190 in Nahmitz bei Lehnin genannt.
Wassermühlen waren wegen der umständlichen Vorbereitung, die zur Nutzung der Wasserkraft nötig war, eine für die damalige Zeit kostspielige Anlage. So hatten nur Klöster und Grundherren die Möglichkeiten, Mühlen zu errichten. Sie waren die ersten Antriebsmaschinen der Menschheit, und wo die Wasserverhältnisse stimmten, drehten sich die Wasserräder. Sie mahlten Korn, sägten Holz, hoben Schmiedehämmer, zerstampften Lumpen für die Papierherstellung, brachen Flachs und quetschten Öl.
Die dem allgemeinen Volk unverständlichen technischen Einrichtungen sowie die abgelegenen Standorte der Mühlen, beschäftigten die Fantasie des Volkes. Es sollte in den Mühlen nicht geheuer sein, sie galten als Tummelplatz von Unholden. Auch der Teufel, so vermutete man, treibe sein Unwesen in den Mühlen. Sagen und Legenden umgaben die Mühlen, und zusätzlich haben die Poeten eine verklärte Mühlenromantik unserer heimischen Landschaft geschaffen.
1. Das Mühlenfließ:
Vom Vorwerk Landhof kommt ein Abzugsgraben für Oberflächenwasser herunter, wird unter dem Fahrweg Wriezen – Biesdorf durchgeleitet, nimmt danach noch mehrere kleine Quellen auf und mündet in den hinteren Karpfenteich. Gleichzeitig wird dieser Teich noch durch eine starke Quelle gespeist, welche sich seitlich hinter dem Teich befindet.
Die Karpfenteiche wurden ursprünglich angelegt, um hier das Mühlenwasser für die Kleine Mühle zu sammeln und gleichzeitig Fischzucht betreiben zu können. Der Abfluss des unteren Karpfenteiches wird Mühlenfließ, auch Springfließ genannt und trieb früher das oberschlächtige Wasserrad der Kleinen Mühle an. Unterhalb der Kleinen Mühle, ungefähr nach 500 Metern, fällt das Fließ in den Mühlenteich vor der Malzmühle (Stadtsee). Dieser Teich hatte ebenfalls die Aufgabe, das Antriebswasser für das oberschlächtige Mühlrad zu sammeln. Er wurde auch zur Fischzucht genutzt. Nach der Malzmühle mündet heute das Fließ in die durch Torfabbau entstandenen Torflöcher. Es fließt dann in Richtung Neugaul und wird ab hier Landgraben genannt.
Nach einer alten Karte von Latomus (1750) floss das Mühlenfließ nach der Malzmühle durch den so genannten Grund und mündete in den Hahnen Graben (Name eines Oderarmes bei Wriezen vor der Trockenlegung des Oderbruches).
2. Die Kleine Mühle:
Die älteste Wassermühle bei der Stadt Wriezen ist die Kleine Mühle. Sie wurde mit einem oberschlächtigen Wasserrad, dessen Durchmesser fünf Meter betrug, angetrieben. Ursprünglich wurde sie dy Lubenecke by Wryzen oder auch Lippenische Mole genannt. Sie ist vermutlich mit der Stadt Wriezen entstanden und gehörte im Jahre 1300 den Klosterfrauen von Friedland. Danach soll sich die Mühle in dem Besitz der Familie von Lochen befunden haben. Frau von Lochen schenkte 1366 der Lorenzkirche in Wriezen drei Scheffel (1 Scheffel entspricht 54 Liter) Roggen aus den Erträgen der Lubenecke. Von Familie Lochen ist die Mühlenanlage wieder an die Zisterziensernonnen in Friedland zurückgefallen, in deren Besitz sich die Mühle noch 1524 befand.
Am 7. April 1524 kam zwischen den Klosterfrauen, dessen Vorsteher Melchior von Pfuel, dem Erbpächter der Lubeneckschen Mühle Calixtus Lowen und dem Rat der Stadt Wriezen ein Vertrag zustande. In diesem Vertrag wird Calixtus Lowen gestattet, auf städtischem Grund und Boden eine Malzmühle zu errichten. Beide Mühlen, die Lubenecksche und die Malzmühle, blieben dabei auf ein Wasserrad beschränkt (Die Wassermenge vom Mühlenfließ reichte nur für ein Rad aus).
Die Lubenecksche wird von diesem Zeitpunkt die Kleine Mühle und die Malzmühle als Große Mühle bezeichnet. Mit Auflösung des Klosters Friedland ging die Kleine Mühle in das Eigentum der Stadt Wriezen über, welche die Mühle nun in Erbpacht vergab.
Wie wir aus dem beiliegenden Besitzerverzeichnis ersehen können, ist ein langansässiges Müllergeschlecht, wie es bei der Eichhornmühle im Eichhorntal bei Zäckerick (heute Polen) der Fall war, nicht zu verzeichnen. Die Besitzer wechselten im Laufe der Jahre oft. Als 1603 der Rat zu Wriezen Jacob Denow die Mühle in Erbpacht überlässt, wird dem Müller erstmals auch das Nutzungsrecht für den Mühlenteich und umliegendes Land zugestanden. Weiterhin wird ihm erlaubt, zwei Kühe und eine Ferse auf der Feldmark der Stadt weiden zu lassen. Dies war für die Kleine Mühle der Zeitpunkt, an dem Landwirtschaft und Fischzucht als zusätzlicher Erwerb hinzukamen. Das Erbpachtgeld betrug für Denow 300 märkische Gulden, und er musste jährlich zusätzlich fünf Wispel (1 Wispel entspricht 1319 Liter) Roggen an den Magistrat liefern.
Am ersten Pfingstfeiertag des Jahres 1782 brannten die Kleine Mühle und die seit 1775 angegliederte Walkmühle der Wriezener Tuchmacher bis auf die Grundmauern nieder.
Nachdem die Mahlmühle wieder aufgebaut worden war, gehörte sie 1784 dem Meister Tralles, welcher auf dem angrenzenden Berg (Oblatenberg) auch eine Bockwindmühle errichtete. Da der Weg zur Windmühle anfangs nicht für Fuhrwerke befahrbar war, mussten Esel die Getreidesäcke an- und die Mehlsäcke abtransportieren. Meister Tralles gehörte 1784 der Wriezener Müllerinnung an.
Der Besitzer Gustav Schauer ersetzte 1910 das oberschlächtige Wasserrad durch eine Turbine. Damit der Betrieb der Mühle gewährleistet war, ließ sich Schauer 1931 im Wasserbuch das Recht eintragen, das Wasser vom Springfließ mittels vorhandener Stauanlage (Turbinenanschluss und Freischütz) bis zu einer am Merkpfahl festgelegten Höhe anzustauen.
Die bis zum Jahre 1908 auf dem Mühlenberg vorhandene Windmühle soll laut archäologischen Grabungen, welche 1994 auf dem Mühlenberg durchgeführt wurden, abgebrannt sein. Zwischen 1919 und 1920 ließ Schauer das Mühlengebäude verlängern und aufstocken.
Von Zerstörungen durch den 2. Weltkrieg blieb die Mühle verschont. Dadurch konnte der Mahlbetrieb schon im Sommer 1945 wieder aufgenommen werden. Es wurden drei Müllergesellen im Schichtbetrieb beschäftigt. Ein Müllergeselle war Johann Hellwig aus der Frankfurter Strasse. Er hatte 1945 seine Tätigkeit in der Mühle aufgenommen und blieb bis zu seiner Pensionierung.
Da die Wasserkraft in den letzten Jahrzehnten zum störungsfreien Lauf der Mühle nicht mehr ausreichte, erfolgte der Antrieb mit einem Dieselmotor. Ab 1960 stellte man in der Mühle nur noch Futtermittel für die LPG Wriezen her, und durch den Bau des Wriezener Mischfutterwerkes 1973 wurde die Mühle überflüssig und stillgelegt. Der Eigentümer der Mühle, Manfred Korn, arbeitete von diesem Zeitpunkt an als Traktorist in der LPG Wriezen. Sein Sohn, Arno Korn, hat 1997 das vordere Mühlengebäude abgerissen und den hinteren Teil zu Wohnzwecken umgebaut.
3. Die Malzmühle:
Wie schon berichtet, wurde die Malzmühle im Jahre 1524 von Calixtus Lowen erbaut. Sie war zu dieser Zeit ausschließlich zum Mahlen des Malzes für die Wriezener Brauer bestimmt. Daher stammt auch ihr noch heute über der Eingangstür eingelassener Name.
Wie die Kleine Mühle, so wurde auch die Malzmühle oder Große Mühle auf ein Wasserrad begrenzt. Ob gleichzeitig mit der Mühle auch der Mühlenteich (Stadtsee) entstanden ist, ist nicht überliefert.
Wie bei der Kleinen Mühle wechselten hier die Besitzer in den folgenden Jahren oft.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde zur Malzmühle noch eine Bockwindmühle auf dem nahe gelegenen Berg (Oblatenberg, Krankenhausberg) errichtet. Diese Windmühle machte am 09. August 1667 ein Gewitterblitz völlig unbrauchbar. Den zu diesem Zeitpunkt in der Mühle anwesenden Lehrling Christoph Clön hat der Blitz erschlagen und dem Mühlenmeister Bartholomäus Michel den Rücken verbrannt.
Als Esais Schiedler die Wasser- und Windmühle von 1731 bis 1735 in Pacht hat, wird ihm im Pachtvertrag ausdrücklich das Fischen im Mühlenteich verboten. Er muss jährlich für beide Mühlen 7 Wispel und 15 Scheffel Roggen Pacht zahlen.
Ab 1763 kommt das Mühlenanwesen in den Besitz der Müllerfamilie Stabow, welche es rund ein Jahrhundert besitzt. Mit dem Kauf erwirbt die Familie Stobow auch das Recht, im Mühlenteich zu fischen. Stabow wurde in einem mit dem Magistrat am 30.06.1770 geschlossenen Kontrakt zugestanden, auf seine Kosten zwei Windmühlen auf Stadtterritorium zu errichten. Diese beiden Windmühlen hat dann Stabow 1803 an den Mühlenmeister Christoph L. Würdig verkauft. Nach dem Niedergang des Wriezener Brauereigewerbes baute man die Malzmühle in eine Getreidemühle um. Mühlenmeister aus der Familie Stabow von der Malzmühle werden in den Jahren 1784, 1787, 1802, 1819, und 1849 als Mitglieder der Wriezener Müllerinnung genannt.
Als sich die Mühle im Besitz von Max Wolff befand, hat dieser das oberschlächtige Wasserrad durch eine Turbine ersetzen lassen und im Jahre 1922 die Mühle zusätzlich mit Elektroantrieb versehen.
Die Malzmühle war von Kriegszerstörung des 2. Weltkrieges verschont geblieben. Es gelang 1945 dem Wriezener Ernst Berensmeier mit Helfern die Mühle wieder in Gang zu bringen. Dadurch konnte für die Bevölkerung dringend benötigtes Brotgetreide gemahlen werden.
Der Müllermeister Karl Feuerhelm, welcher aus der Mietzelmühle bei Soldin stammte, und bis dahin die Unterkietzmühle in Bad Freienwalde in Pacht hatte, pachtete 1949 die Malzmühle. Zu dieser Zeit hatte die Mühle einen Schrot- und einen Mahlgang. Beide Gänge bestanden aus Mahlsteinen. Feuerhelm modernisierte den Mahlgang, indem er ihn durch zwei Walzenstühle ersetzte. Beim Meister Feuerhelm erlernten von 1950 bis 1953 Werner Raek und Fritz Brand das Müllerhandwerk. Der heutige Müllermeister Gerhard Zabel aus Eichwerder legte 1953 beim Meister Feuerhelm den praktischen Teil seiner Gesellenprüfung ab.
Karl Feuerhelm blieb bis 1956 als Pächter in der Malzmühle. Nach Feuerhelm nahm Meister Heinz Hempp die Mühle für etwa zwei Jahre in Pacht. Mit der Gründung der Wriezener LPG „Albrecht Daniel Thaer“ nutzt diese die Malzmühle bis 1969 zur Futtermittelherstellung und bis 1979 zum Reinigen von Saatgetreide. Nach der Wende kaufte der Bauunternehmer Rüdiger Bail die stillgelegte Mühle.
Der Bildungs- und Beschäftigungsverein (BBV) Wriezen wollte mit Billigung des Eigentümers in der alten Malzmühle ein Mühlenmuseum einrichten. Ein ABM – Team beräumte und säuberte 1997 das Grundstück und Mühlengebäude. Ein zweites ABM – Team konservierte 1998 die Maschinen und besserte die Fußböden aus. Leider ist die Errichtung eines Museums durch die Insolvenz des BBV nicht gelungen. Die Mühle versank in einen Dornröschenschlaf, aus dem sie wohl keiner so schnell wieder erwecken wird.
Quelle:
Dieter Starke, Bad Freienwalde./>