Dietmar Zimmermann
Ein Briefmarkensammler und Philatelist freut sich, wenn er Besonderheiten der postalischen Arbeit feststellen kann und versucht, dies zu sammeln. Seltene Briefmarken, falsche Farben oder andere Fehldrucke sind es, welche das Hobby bereichern und beim Besitzer besondere Freude und Stolz bewirken.
Bad Freienwalde hat in seiner langjährigen Postgeschichte einige Besonderheiten aufzuweisen (z.B. Notstempel nach 1945 oder falsch verwendete Einschreibzettel Ende der 80er Jahre), aber nur eine ist im Katalog besonders erwähnt: Der MICHELAutomatenmarken-Spezial-Katalog 2002 schreibt auf Seite 130: „Bei den Sielaff- Automaten (MiNr. 3.3) waren Wertfehldrucke aufgrund von Softwarestörungen relativ häufig. Allen für die Automaten zuständigen Technikern war es ebenfalls möglich, die „festprogrammierten” Wertstufen des Automaten vor Ort jederzeit zu ändern. Es wurden aus diesem Grund auch andere Wertstufen ausgedruckt. Dies geschah beispielsweise in Bad Freienwalde (44, 184, 208 und 244 Pf.), Hof (510 Pf.), Kirchen/Siegerland (5 Pf.) und Passau (9 Pf.).” Die Benennung dieser vier Orte zeigt, dass es keine Manipulationen waren, sondern echte unbemerkte Programmierfehler. Bad Freienwalde war demzufolge etwas Besonderes, und das kam so:
Der Ersatz der bis dahin genutzten ATM- Geräte (Geräte zur Ausgabe von Automatenmarken, das sind Postwertzeichen deren Werteindruck auf Anforderung vor Ort erfolgt) sollte bis Ende 2001 abgeschlossen sein. Für den Landkreis Märkisch-Oderland waren dies fünf Geräte: Strausberg Postfiliale und Bahnhof MacPaper- Filiale, Wriezen Postfiliale, Hönow Postfiliale und Bad Freienwalde MacPaper-Filiale.
Bei der bundesweit sehr großen Anzahl der zu installierenden Geräte war es nur eine Frage der Zeit, wann Fehler auftreten würden. Der kurios anmutende 5-Pfennig-Wert war in Sammlerkreisen schon bekannt, aber in Bad Freienwalde gab es am 29. November 2001 die echte Sensation! Statt der normalen Werte gab es auch Automatenmarken zu 44, 184, 208 und 244 Pfennig! Wertstufen, die es ansonsten nicht gibt. Nachforschungen ergaben folgenden Werdegang: Am Vormittag des 29. November erfolgte der Aufbau des sogenannten Sielaff-Gerätes im elf Kilometer entfernten Wriezen (Gerät funktionierte normal), danach vom späten Vormittag bis ca. 15 Uhr dann vom gleichen Team in Bad Freienwalde. Während vorher zwei Automaten beieinander standen (einer für Automatenmarken und einer für Telefonkarten und Markenheftchen) wurde jetzt nur ein Sielaff-Automat montiert (Abgabe von sog. Automatenmarken – ATM), die anderen Funktionen entfielen. Statt des normalen Tastensatzes von 10, 20, 50, 100, 110, 110, 220, 300, 440, 500 und 720 Pfennige wurde folgende Tastenbelegung festgestellt: 10, 20, 50, 44, 100, 110, 184, 208, 220 und 244 Pfennige. Statt eines Satzpreises von 24,70 DM waren nur 11,90 DM erforderlich!
Festgestellt werden konnte, dass der Automat diese „krummen” Wertstufen verausgabte, auch die Quittungen darüber erfolgten, aber stets das Wechselgeld darüber schuldig blieb (Automaten kannten keine Münzstückelung von 1-, 2- und 5-Pfennig-Münzen). Auch Restgeldquittungen erfolgten nicht bei Wertstufen unter 10 Pfennig.
Folgender Markenverkauf lässt sich für den Ersttag nachweisen: Von Quittung 0002 Bis 0013 erfolgte die Ausgabe von ATM am Nachmittag, Quittungen 0018 bis 0021 sind für den Abend (21.00 bis 21.30 Uhr) belegt, die Nummern 0014 bis 0017 zwischen 15.30 und 21.00 Uhr. Von diesen vier Markenverkäufen wurde einmal durch die Verkäuferin der Filiale getestet (10 Pfennig-Wert), drei Verkäufe sind unbekannt.
Nach Quittung 0021 stellte der Automat den Verkauf gegen Münzgeld ein (5-DM-Stück klemmte offensichtlich) und bis 3. Dezember 2001 erfolgten daher keine weiteren Markenverkäufe. Dass dies mit Geldkarte möglich ist, war zunächst nicht bekannt, ab 3. Dezember 2001 und Quittung 0022 bis 0244 erfolgten Markenkäufe nur gegen Geldkarte. Weitere Verkäufe erfolgten offensichtlich nicht mehr. Servicetechniker bemühten sich um die Reparatur, diese erwies sich zunächst als nicht möglich, so dass im Display die Anzeige des richtigen Tastensatzes ab 4.12.01 erfolgte, aber kein Markenverkauf möglich war. Erst am 11. Dezember erfolgte am Vormittag nach zwischenzeitlich weiteren erfolglosen Versuchen die neue, nunmehr richtige Programmierung des Freienwalder Briefmarkenautomaten. Dies lässt sich daran belegen, dass auch Quittungen wieder ab Nr. 0001 rückgestellt wurden und zum Beispiel die Quittungsnummern sich doppelt belegen lassen (belegt für Nr. 0020 und 0021).
Die Seltenheit der Abgabe der Fehl-Automatenwertzeichen lässt sich damit erklären, dass der Bedarf in Bad Freienwalde im Regelfall nicht mehr als 20 Stück pro Tag beträgt, mitunter auch weniger und der Umgang mit der Geldkarte im ländlichen Raum damals nahezu unbekannt war. Auch der Verfasser musste sich erst Bekannte suchen, mit denen diese Funktion am 3. Dezember 2001 erstmalig versucht wurde, mit Erfolg. Bisher sind nur zwei Personen bekannt, die derartige ATM vom Automaten bezogen haben, auch nur acht postalische Belege mit Stempelung “16259 Bad Freienwalde”. Insgesamt sind nur ca. 220 dieser ATM mit den Portostufen 44, 184, 208 und 244 Pfennige möglich gewesen, davon nur eine geringe Anzahl kompletter Sätze. Die Programmierung des Automaten erfolgte im Werk, eine Korrektur vor der Auslieferung erfolgte jedoch nicht. Die Vermutung, dass es die neuen EuroWertstufen sein könnten, bestätigte sich nicht.
Spannend war die Frage, ob es andernorts ähnliche Pannen gab und bemerkt wurden. Die falsche Programmierung von 44 Pfennigen wurde bekannt, die meisten eventuellen Programmierfehler durch die installierenden Servicetechniker rechtzeitig erkannt und behoben, in Bad Freienwalde am 29. November 2001 jedoch offensichtlich nicht. Auch bei der Einführung der neuen beiden Automatenmarken 2009 gab es Abweichungen, jedoch nicht in Bad Freienwalde. So blieb es bei einer philatelistischen Besonderheit, die Bad Freienwalde im führenden Katalog des Sammelgebietes mit einem besonderen Eintrag würdigt.
Quelle:
VIADRUS Heimatbuch für Bad Freienwalde
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