Heiko Walther-Kämpfe

Bis zurück zum legendären Apotheker Peter Gottfried Gensichen, der als erster die Heilwirkung der Freienwalder Quellen beschrieb, lässt sich die Geschichte des Hauses in der Königstraße 43 zurückverfolgen, bis 1992 Sitz der einstigen Privelegierten Königlichen Hof-Apotheke. Wohl wegen des ehrwürdigen Alters wurde daraus später im Volksmund und dann auch offiziell einfach die “Alte Apotheke”.

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Quelle: Rudolf Schmidt, Bad Freienwalde (Oder) Geschichte der Stadt in Einzeldarstellungen, 2. Band, S. 145 ff. Ein herzlicher Dank gilt Frau Eva Genge aus Hönow, die viele Jahre in der “Alten Apotheke” tätig war.
Gensichen ließ sich 1674 seine Apotheke errichten – “mit hohen Kosten” wie die Chronik vermerkt. Wegen der Wirren des 30-jährigen Krieges allerding bekam er erst 1692 seine Konzession. Nach Gensichens Tod 1708 geriet die Apotheke, so die Chronik, in Vermögensverfall, womit beschönigend ungeordnete und schlechte finanzielle Verhältnisse umschrieben worden sind. Ebenfalls um diese Zeit war das Haus auch bauliche “in einem solch schlechten und miserablen Zustand (…), das auch vor diejenigen, welche der Gesundbrunnenkur sich gebrauchten, weniger dienliche Medikamente darinnen können recipieret (…), weswegen die Notdurft erfordert, dass eine tüchtige Officin … angelegt würde”.
Recht häufig wechselte in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Apotheke den Besitzer. Zu nennen an dieser Stelle sei u.a. Apotheker Schottmüller, der das Haus 1868 übernahm. Als Schottmüller 1884 starb, nahm der seinerzeit bekannte Schriftsteller Victor Blüthgen dessen Witwe zu Frau. Beide wohnten auch hier, ehe dann ein Apotheker mit dem überaus schönen Namen Lindenblatt die Hofapotheke übernahm.
Bei Blüthgen zu Gast war u. a. der aus Ostpreußen stammende Schriftsteller Hermann Sudermann (1857 – 1928). Eine alte Mauer auf dem idyllischen Apothekenhof, auf der sich immer die Katzen versammelten, taufte er “Katzensteg”. Später war dies auch der Titel eines seiner bekanntesten Romane. Die alte Mauer (und ab und an darauf auch besagte Katzen) kann man übrigens noch heute sehen, in dem liebevoll von Irmgard Krause gepflegten Hof.
Irmgard Krause und ihre Tochter Steffi können so manche Geschichte erzählen über das Haus Nummer 43 in der Königstraße. Alte Fotos zeigen die große Treppe, über die man früher von der Straße aus direkt in den Verkaufsraum der Apotheke gelangte. Im Keller befand sich das Labor und auf dem Dachboden gibt es mit dem originalen und gut erhaltenen großen Einbauregal, das wahrscheinlich vom Ende des 18. Jahrhunderts stammt, einen regelrechter Schatz. In den Schubladen findet man sogar noch Korken oder Pillendosen aus der bewegten Historie der einstigen Hofapotheke.
Eine jener Geschichten ist die über Willy Kuhlmeyer, der die Apotheke im Jahre 1909 übernahm und über eine derartige Leibesfülle verfügte, dass er für den Weg auf den Dachboden und zurück den Lastenfahrstuhl genutzt haben soll.
Ob er sich allerdings wirklich da hineingezwängt hat, lässt sich heute leider nicht mehr nachvollziehen.


Bild 4 und 5
“Gern ging ich ja auch nicht ‘runter -meist geh’ ich nachts übern Katzensteg nach Bockeldorf, was drei Meilen entfernt ist…” (Hermann Sudermann, Der Katzensteg).
Auch wenn die Freienwalder Katzen mit dem Inhalt von Sudermanns Novelle über die Zeit der Befreiungskriege und eine darin eingewobene tragische Liebesgeschichte wenig gemein haben, spürt man im Hof der einstigen Alten Apotheke in der Königstraße noch heute ein wenig vom Hauch der Geschichte. Und das liebevoll rekonstruierte Haus und der idyllische Hof selbst scheinen einem Buch Sudermanns und der “guten alten Zeit” entstiegen zu sein.
Fotos: Heiko Walther-Kämpfe)

Bild 6
Der Grundriss des Hauses Königstraße 43 zeigt, dass die Aufteilung der Räume ganz auf die Bedürfnisse der Apotheke und des Apothekers zugeschnitten war. Diese bautechnische Zeichnung der Häuser Königstraße 42 und 43 stammt aus: “Die bauliche Entwicklung der Stadt Bad Freienwalde an der Oder” von Dr.-Ing. Erdmann Grübnau.

Quelle:
VIADRUS Heimatbuch für Bad Freienwalde
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