Frank Saemann
Sagenumwoben sind Wald, Berge und Täler um Bad Freienwalde. Alte Rittergeschlechter haben hier gelebt, ihre Spuren hinterlassen und sind ausgestorben. Eine dieser Hinterlassenschaft ist die Kirchenziegelei. Sie brannte schon vor hunderten von Jahren den Ton aus den Bergen dieser Stadt zu Ziegeln und dieser Ton kam und kommt vom Rande des Hammerthals. Wer kennt ihn nicht, den Streit um’s Hammerthal in der Kur- und Bäderstadt Bad Freienwalde. Viele wollen ihre Interessen vertreten wissen, die einen sind für den Erhalt der Natur und den sanften Tourismus, die anderen für die rasante Entwicklung der Infrastruktur, für die neuen Gigaliner, noch andere möchten, dass ihre Straße beruhigt wird. Dafür müssen Opfer gebracht werden. Ein paar Bäume und Sträucher, eine kleine Brücke, eine hübsche, nicht mehr querbare Schneise zwischen Schiffmühler Kreuz und Platzfelde, die die Kurstadt endlich von Falkenberg trennt. Übrigens prima für das Wild und die erholungssuchenden Wanderer.
Aber all dieser Zwist kann wahre Enthusiasten und, wie man in neudeutsch so schön sagt, Freaks nicht davon abhalten, Altes wieder zu beleben. Überreste der Geschichte und der einstigen Industrie, soweit diese nicht von Langfingern und Schrottliebhabern entwendet, ausgebuddelt oder umgelagert wurden, sind noch vorhanden. Bad Freienwalde hatte einst viele Ziegeleien. Eine davon, bis Ende der fünfziger Jahre in Betrieb, war Raths Ziegelei.
Und wer kennt ihn nicht, den Teufelssee. Rechts davor, also zwischen der Oberkietzmühle, der heutigen Jugendherberge und dem See liegt die “Südgrube”. Von hier wurde der Ton mit einer Feldbahn (600mm Spurweite) zur Verarbeitung entlang der Straße durchs Hammerthal ins Werk befördert. Diese Strecke querte 3-mal den Weg. Direkt am Eingang zur Grube, dann in Höhe des Gehöftes der Farn. Werner, liegt heute noch gut zu sehen an dieser Stelle, und an der Kirchenziegelei, wo noch etwa 160m erhalten sind und direkt in die Straße verlegt wurden. Von hier ging es parallel zur Straße und gemeinsam mit dem Reichsbahn-Anschlussgleis der Kirchenziegelei am Kaninchenberg vorbei, über die B167 (Eberswalder Str.) bis in die Fa. Rath. Dort wurden die Loren entladen und der Ton zu Ziegelsteinen verarbeitet. Nach Stilllegung der Firma lagen die Gleise lange Zeit einfach nur so da, bis pfiffige Leute erkannten, dass diese ja nun zum Volkseigentum geworden waren. Erfindergeist wird oft auch durch Mängel geweckt und es entstanden plötzlich Zaunpfähle, Tore und ganz besonders viele Tür- und Fensterstürze. Die erfreuten sich großer Beliebtheit, da sie nach Einbau nicht mehr zu sehen waren. So verschwand Meter um Meter Geschichte.
Was würden die schon erwähnten Freaks darum geben, wäre ihnen das Hammerthal früher aufgefallen. Was hätte daraus entstehen können. Man kann es sich ansehen, vor Ort in den Vereinen und auch im Internet. Sogleich kommen da Ideen bei den Visionären und Investoren. “Touristenmagnet für Familien, die Abenteuerfahrt von Raths Freizeitzentrum durchs blühende Hammerthal zum Teufelssee”. Oder? “Das östlichste Feldbahnzentrum der Bundesrepublik mit Haltepunkt Jugendherberge am Teufelssee”.
Nun, die Freaks sind nicht erfunden, die waren schon an Ort und Stelle. Nach einigen Erkundungen standen sie mit Mann und Frau und Technik am 5.4.2008 vormittags vor der Kirchenziegelei Hammerthal und packten Schippe, Spaten und Picke und Besen aus, kratzten und putzten die Gleise sauber. Man konnte es kaum glauben, drei Loren und sogar eine Lok wurden aufgegleist. Diese wurde mit ein paar fachmännischen Kurbelumdrehungen in Gang gesetzt und tuckerte mit dem klassischen Einzylinder-Diesel-Sound auf das erste Stück Gleis. In kurzer Zeit stand ein betriebsbereiter Zug auf den Schienen und fuhr die erste Testrunde. Geschichte wurde nach einem halben Jahrhundert lebendig und zur Gegenwart Technikmuseum zum anfassen, Kinder und Kindgebliebene sind begeistert. Alle stehen in der Kurve vor dem Wohnhaus, lauschen dem Rumpeln des Zuges, der von der am 29.04.2007 abgebrannten Unterkietzmühle startete und um die Ecke des 1961 stillgelegten Brennofens der Kirchenziegelei fährt. Man meint sich zurückversetzt in die Zeit vor 50 oder 70 oder mehr Jahren. Ja man glaubt sogar, die mit Ton voll beladenen Loren mit der alten Lok und dem alten Lokführer zu “erkennen”. Wenn man lange Zeit in einer Stadt lebt, die dazu noch Geschichte und Geschichten hat, stellt man sich in solchen Momenten vor, man wäre mitten drin.
Und dann ist es aber wieder gut, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. Dank digitaler Technik konnte auch dieses Ereignis festgehalten werden. Während der ganzen Aktion wurde natürlich fleißig fotografiert und gefilmt. Viele Einzelheiten von Mann bzw. Frau und Maschine, von Berg- und Talfahrt sind archiviert. Gut einen halben Tag hat die Mannschaft herum gewerkelt und die Anwohner beschäftigt.
Quelle:
VIADRUS Heimatbuch für Bad Freienwalde
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