“Vom Plateau des Barmin fällt das Land beinahe steil in das Oderbruch ab. Weithin reicht der Blick bis zum Höhenzug am Horizont. Der liegt bereits jenseits der Oder auf polnischer Seite.
Dazwischen, auf einer Breite von sechs bis zehn Kilometern, breitet sich ein Felderteppich aus. Umrisse von baumbestandenen Wegen, die die einstigen Kolo nistendörfer miteinander verbinden, werden sichtbar.” So beschreibt Thomas Worch in seinem Buch “Das Oderbruch entdecken” seinen ersten Eindruck von der Wriezener Landschaft.
Um 1200 entwickelte sich diese Region zu einer Niederlassung von Handels- und Kaufleuten. Die Plananlage Wriezen (Oppidum Wrecne) um die heutige Marienkirche (einst Nicolaikirche) wird schon in der askanischer Zeit gegen 1247 erwähnt.
Das Stadtrecht wurde der Stadt Wriezen 1337 vom Kurfürst Ludwig dem Älteren (Bayern) verliehen. Schon das Jahr 1375 belegt, dass sich die Stadt Wriezen schon früh zum Markt- und Handelszentrum des Oderbruchs entwickelte. Noch heute wird Wriezen auch “Das Tor zum Oderbruch” genannt. Zahlreiche Händlerkontakte nach Lübeck bekunden die weitverzweigten Wege des frühen Getreidehandels der Lübecker Hanse nach Wriezen.
Derjenige der heute die Kleinstadt besucht, kann sich kaum vorstellen, dass sie den Beinamen “Hauptstadt des Oderbruchs” erhielt. Ab 1439 bekam die Stadt durch eine Urkunde einen jährlichen Markt. Dies war vermutlich auch der Beginn für eine fast ungebrochene Entwicklung der Stadt durch viele Jahrhunderte hindurch. Immerhin konnte sich Wriezen bereits 1482 eine Stadtschule leisten. Ein Brand von 1603 verwüstete die Stadtmitte mit insgesamt 116 Wohnhäusern. Zu dieser Zeit muss die Stadt also schon eine beachtliche Größe gehabt haben.
Bedeutungsvoll für Wriezen war auch der Fischmarkt, der bereits 1550 erwähnt wird. Die kurfürstliche Order von 1662 belegt, dass alle umliegenden Bruchdörfer ihren Fisch nach Wriezen verkaufen mussten. Bis ins 19. Jahrhundert hinein, also noch lange nach der Trockenlegung, blieb Wriezen der wichtigste Fischmarkt Brandenburgs. Von 1692 bis 1874 existierte die “Hechtreißerinnung”, die den Namen von der Verarbeitungsform des Fisches erhielt, eine in Brandenburg einzigartige Kooperation, die die eingepökelten Hechte nach Bayern, ins Rheinland, nach Böhmen und sogar bis nach Italien vertrieb. Bei der Verarbeitung wird der Fisch wird oben am Rücken aufgerissen, entgrätet, ausgenommen und eingesalzen. Die Aufnahme und Mitgliedschaft war seinerzeit mit erheblichen Kosten verbunden. Für das Fehlen an einer Zusammenkunft musste man beispielsweise drei Groschen Strafe zahlen. Die selbe Summe war als Mitgliedsbeitrag im Quartal fällig. Ein wohlhabender und erlesener Bund, der zur Blütezeit um 1740 nur ganze 47 Mitglieder zählte.
Die reichhaltige Architektur ergab sich aus dem Reichtum Wriezens, von der heute leider nur noch auf alten Kupferstichen oder Vorkriegsfotographien etwas zu sehen ist. An Hand der heute ruinösen St. Marienkirche lässt sich unschwer etwas von der Bedeutung Wriezens erkennen.
Die Trockenlegung des Oderbruchs besiegelte dann allmählich das Ende für den Fischfang im Bruch. Mit jedem neuen Deich und jeder neuen Ableitung des Wassers wandelte sich Wriezen mehr und mehr zu einem Markt für Agrarprodukte. Selbst bis zum Jahr 1740 wurde erfolgreich Wein in dieser Region angebaut. 47 Bierbrauer fanden mit ihrem Gerstensaft, den man “Kühlab” nannte, einen regen Absatz. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts vollzog sich dann die Wende zu einem durchaus konkurrenzfähigen aber überschaubaren Industriestädtchen mit zahlreichen Webereien und einer Maschinenfabrik.
1773 kam dann auch als erster Industriebetrieb die Metallschnallen- und eiserne Hakenfabrik von Gerson Jacob nach Wriezen. Albrecht Thaer eröffnete 1806 seine erste landwirtschaftliche Lehranstalt in Wriezen. Die 1855 gegründete Feuerwehr, war die erste Feuerwehr im Land Brandenburg. Wriezen profitierte bereits 1861 von dem eben eingerichteten Schiffahrtsverkehr. Der Bahnhof wurde 1866 gebaut und der Hafen mit massiven Bollwerk 1902. Nun war die Stadt mit Berlin, Frankfurt Oder und Eberswalde verbunden. Einen Eisenbahnanschluss erhielt Wriezen im Jahre 1867, der als weiterer Teilanschluss der Wriezener Bahn eröffnet wurde. Bereits 1913 zählte die Stadt mehr als 7.500 Einwohner. Das nahe Berlin wurde bis weit an das 20. Jahrhundert über die Verkehrswege mit frischem Fisch und frischem Gemüse versorgt.
Diese sehenswerte Entwicklung nahm leider zum Ende des Zweiten Weltkrieges ein jähes Ende, da die Stadt Wriezen von der deutschen Wehrmacht zur Festung erklärt wurde. Der eindeutige Befehl lautete, die Stadt zu verteidigen bis zum Letzten, was bis heute noch in Wriezen erkennbar ist. Vom “alten” Wriezen ist fast nichts mehr übrig geblieben. Selbst die spätgotische Hallenkirche brannte völlig aus. In den Jahren um 1950 wurde das Südschiff der Kirche zur Notkirche ausgebaut.
Heute kann man aber wieder durch Wriezen flanieren. Die geschäftige Wilhelmstraße lädt gerade zu zum Einkaufen ein. Der noch immer unvollendete Brunnen von Horst Engelhardt, der so viel Aufruhr in dem eher beschaulichen Städtchen sorgte, steht direkt vor der Kirche auf dem Marktplatz. Dem kleinen Teufel, der auf dem Brunnen sitzt und dem Bürger mit dem Brett vor dem Kopf sollte man unbedingt einen Besuch abstatten, wenn man in der Stadt Wriezen zu Gast ist. Auch die Motorsportfans kommen zu Wriezen seit 1965 nicht zu kurz. Seither gibt es einmal jährlich immer zum 01. Mai eine Motorcrossveranstaltung in den Silberbergen.
Heute beherrschen Teilweise vier- bis fünfstöckige Plattenbauten aus DDR-Zeiten, die mittlerweile ebenfalls grundlegend von der hiesigen Wohnungsbaugesellschaft “HAGEBA” saniert worden sind, das Stadtbild.
Zu den Sehenswürdigkeiten in Wriezen gehören unter anderem das jahrhundertealte und weinumrankte Verwaltungsgebäude Stadt Wriezen und linkerhand das Oderlandgymnasium, welche heute privat von der evangelischen Johanniter Gemeinde betrieben wird und dem Schützenplatz. Von dort aus gelangt man zum 1730 angelegten Jüdischen Friedhof der Gemeinde mit seinen verhältnismäßig großen Begräbnisstätten, die 134 Grabsteine umfasst. Es ist der größte jüdische Friedhof Brandenburgs, der gepflegt und wenig gesichert, keine nennenswerten Verwüstungserscheinungen ausweißt. Er erzählt noch heute die Geschichte des jüdischen Lebens im Oderbruch, dass dann im Dritten Reich zusammenbrach, denn auch in Wriezen brannte jener Tage die Synagoge.
Anlegeplätze für Lastkähne nach Finow, die Baustoffe, Petroleum, Düngemittel, Getreide, sowie Steinkohle und Kalk transportierten. Die Türme des Hoch- und Setzofens von 1889 und 1860 der ehemaligen Kalkbrennerei mit Fabrikantenvilla, die heute im Privatbesitz sind und vom neuen Eigentümer, ehrenamtlichen Mitstreitern, sowie aus Spendengeldern Stück für Stück restauriert werden, könnten beinahe ein Wriezener Wahrzeichen sein. 1969 wurde der Hafenbetrieb eingestellt und das Hafenbecken teilweise zugeschüttet.
Die Zeugnisse dieser Zeit zeigen, dass sich die Stadt im 19. Jahrhundert mit Industrienansiedlungen zum Eisenbahnknotenpunkt entwickelte. 1875 wurde die Stadt von zirka 9.000 Menschen bevölkert. Heute sind es gerade mal noch um die 6.000 und einschließlich der eingemeindeten Dörfer ringsum 7.500.
Nach 1989 ist dann Wriezens Innenstadt mit sehr großem Aufwand ein zweites Mal erneuert worden. Diese Modernisierung hat das letztendlich einen Teil der verlorengegangenen Lebensqualität zurückgebracht. So wurde die Hauptgeschäftsstraße, die Wilhelmstraße, 1996 zur Fußgängerzone umgestaltet.
Auch ein städtisches Wildgehege gibt es in Wriezen zu finden. Auf etwa 10 ha wird hier Reh-, Dam-, Muffel- Schwarzwild gehalten und die Gehege sind jeder Zeit zugänglich.
Eine der letzten Naturbadestellen des Oderbruchs findet man dann auch noch im Wriezener Waldbad am Rande der Stadt, nahe der neugebauten Schnellstraßenverbindung nach Bad Freienwalde.
Wir haben einige Bilder mit beschreibenden Texten zur Geschichte von Wriezen bereitgestellt. leider sind diese Fotos nur in schwarz/weiss und in schlechter Qualität. Dennoch wollten wir Ihnen diese nicht vorenthalten.
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